Nachfolgend ein Beitrag vom 19.7.2016 von Götsche, jurisPR-FamR 15/2016 Anm. 3

Leitsatz

Haben Ehegatten stillschweigend eine Innengesellschaft vereinbart, so dass ausdrückliche Absprachen über ihre jeweilige Beteiligung am Gewinn fehlen, ist – gegebenenfalls anhand einer Vertragsauslegung – zu prüfen, ob sich aus anderen feststellbaren Umständen Hinweise auf eine bestimmte Verteilungsabsicht ergeben. Erst wenn es hieran fehlt, greift ergänzend die Regelung des § 722 Abs. 1 BGB ein.

A. Problemstellung

Welche Auseinandersetzungsmaßstäbe gelten im Trennungsfall, wenn die Ehegatten ausnahmsweise eine stillschweigende Ehegatteninnengesellschaft geschaffen haben?

B. Inhalt und Gegenstand der Entscheidung

Die Ehegatten haben auf von ihnen gemeinsam erworbenen Grundstücken einen nach außen allein von der Frau geführten Tierzuchthof betrieben. Der Ehemann hat seine Fachkenntnisse eingebracht, daneben aber (was im Einzelnen streitig war) eine Vollzeittätigkeit an einer Universität ausgeübt. Der Erwerb der Grundstücke war durch zwei gemeinsam aufgenommene Kredite ermöglicht worden. Die Errichtung eines Betriebsgebäudes war mit Hilfe eines allein von der Ehefrau aufgenommenen Kredits finanziert worden; die Ehefrau hat dafür staatliche Fördermittel erhalten. Nach dem Scheitern der Ehe hat der Ehemann den Tierzuchthof übernommen. Die Beteiligten streiten über die Art und Weise der vorzunehmenden Abrechnung.
Der BGH bejaht eine stillschweigend zustande gekommene Ehegatteninnengesellschaft. Mit dem gemeinsamen Erwerb der Grundstücke, auf denen die Tierzucht betrieben worden sei, und dessen Finanzierung durch gemeinsam aufgenommene Kredite hätten beide Eheleute wesentliche Beiträge zur Erreichung des mit dem Betrieb verfolgten, über die Verwirklichung der ehelichen Lebensgemeinschaft hinausgehenden Zwecks erbracht. Der Ehemann habe den Betrieb zudem durch seine Fachkenntnisse unterstützt. Bei einer solchen Sachlage stehe eine anderweitige vollschichtige Tätigkeit des Ehemannes der Annahme einer konkludenten Einigung über die Zusammenarbeit im Rahmen einer Innengesellschaft nicht entgegen.
Für die Höhe der Beteiligungsquote seien die Umstände des Falls einzubeziehen. Gegen eine hälftige Beteiligung spreche es, wenn beide Ehegatten Arbeitsleistungen, aber solche von deutlich unterschiedlichem Umfang erbracht hätten. Das Gleiche gelte, wenn beide Ehegatten in gleichem Umfang mitgearbeitet hätten, ein Ehegatte aber zusätzlich nennenswerte finanzielle Investitionen erbracht habe. Zu berücksichtigen sei ferner, dass der Ehemann u.U. nur geringe Arbeitsleistungen erbracht habe und anderweitig (vollschichtig) beschäftigt gewesen sei, dass allein die Ehefrau Fördermittel erhalten und allein den Kredit für die Errichtung des Betriebsgebäudes aufgenommen habe.
Der BGH hat deshalb zur weiteren Aufklärung an das Oberlandesgericht – welches von einer hälftigen Beteiligungsquote ausgegangen war – rückverwiesen.

C. Kontext der Entscheidung

Soweit beide Ehegatten die Verwirklichung eines gemeinsamen Zwecks, der über den typischen Rahmen der ehelichen Lebensgemeinschaft hinausgeht, anstreben, können nach Scheitern der Ehe Ansprüche aus Gesellschaftsrecht gemäß den §§ 730 ff. BGB analog bestehen. Der dafür notwendige Abschluss eines Gesellschaftsvertrages ist formlos möglich und erfolgt in der Praxis meist konkludent durch die gemeinsame Umsetzung des verfolgten Zwecks mittels der jeweils erbrachten Leistungen. Wichtig ist aber, dass nicht die Verwirklichung der ehelichen Lebensgemeinschaft, sondern eine darüber hinausgehende Vermögensbildung im Vordergrund steht und sich die Benachteiligung des einen Ehegatten daraus ergibt, dass der geschaffene Wert formal-dinglich, d.h. rechtlich dem anderen Ehegatten zugeordnet ist, während die Ehegatten selbst faktisch davon ausgingen, dass er ihnen wirtschaftlich gemeinsam gehöre (vgl. auch OLG Hamm, Beschl. v. 07.03.2012 – 12 UF 235/11 – FamFR 2012, 350).
Ein Ausgleichsanspruch für den Ehegatten, der an dem Gesellschaftsvermögen (im vorliegenden Fall dem nach außen allein von der Frau geführten Tierzuchthof) nicht beteiligt ist, entsteht bei Beendigung der Gesellschaft. An sich besteht der Anspruch in Höhe der Beteiligungsquote, die sich nach der Gesellschaftsabrede richtet. Da eine solche aber in der Regel fehlt, wird an die erbrachten Leistungen angeknüpft. Hat der ausscheidende Ehegatte Kapital beigesteuert, kommt eine Rückerstattung des Betrags nach aktuellem Wert in Betracht. Bestehen die Leistungen in Mitarbeit, richtet sich der Anspruch nach Art und Umfang der geleisteten Arbeit unter Berücksichtigung des erzielten Wertzuwachses bei dem Geschäftsinhaber.

D. Auswirkungen für die Praxis

Sowohl für das Zustandekommen einer Innengesellschaft als auch für die maßgebliche Beteiligungsquote bedarf es eines umfassenden Sachvortrags zu sämtlichen mit dem Zustandekommen und der Ausübung der Gesellschaft verbundenen Umständen. Darlegungsbelastet ist der Ehegatte, der eine Beteiligung am Vermögen des anderen begehrt (d.h. der Nichtgeschäftsinhaber).
Zu beachten ist, dass der nach außen nicht in Erscheinung tretende mitwirkende Ehegatte nicht nur an Gewinnen, sondern auch an etwaigen von der Gesellschaft erwirtschafteten Verlusten beteiligt wäre. In solchen Fällen wird die Darlegungslast beim Geschäftsinhaber liegen.