Nachfolgend ein Beitrag vom 19.7.2016 von Götsche, jurisPR-FamR 15/2016 Anm. 4

Leitsätze

1. Nach § 426 Abs. 1 Satz 1 BGB kann der Ehegatte und Mieter, der nach Trennung der Eheleute die volle Miete für die Ehewohnung an den Vermieter gezahlt hat, von seinem Ehegatten und Mitmieter Erstattung des hälftigen Betrages verlangen. Für eine hiervon abweichende Beteiligungsverpflichtung an der Mietzahlung und somit eine anderweitige Bestimmung i.S.d. § 426 Abs. 1 Satz 1 BGB ist derjenige darlegungs- und beweispflichtig, der sich darauf beruft.
2. Eine derartige anderweitige Bestimmung i.S.d. § 426 Abs. 1 Satz 1 BGB kann nicht allein daraus hergeleitet werden, dass der wegen der Hälfte der Miete in Anspruch genommene Ehegatte während des verfahrensgegenständlichen Mietzeitraums an den anderen Ehegatten sowohl Trennungs- als auch Kindesunterhalt gezahlt hat, wenn bei der Unterhaltsberechnung weder die Mietzahlungen durch den Unterhaltsempfänger noch sein Ausgleichsanspruch aus § 426 Abs. 1 BGB berücksichtigt worden sind.

A. Problemstellung

Die in praktischer Hinsicht am häufigsten vorkommende Art der Trennung von Eheleuten ist der Auszug eines Ehegatten aus der gemeinsamen Mietwohnung, wohingegen der andere dort (zumindest noch eine Zeit lang) wohnen bleibt. Welcher Ehegatte haftet dann letztendlich für den anfallenden Mietzins? Können Unterhaltsansprüche bei dieser Beurteilung eine Rolle spielen?

B. Inhalt und Gegenstand der Entscheidung

Die verheirateten Beteiligten leben seit Januar 2015 getrennt. Der Antragsgegner ist im Januar 2015, die Antragstellerin und die beiden gemeinsamen Kinder zum 01.05.2015 in eine neue, kleinere Wohnung, für die sie eine Nettomiete von 335 Euro monatlich zahlt, gezogen. Die Eheleute hatten den gemeinsam abgeschlossenen Mietvertrag der Ehewohnung fristgerecht zum 30.04.2015 gekündigt.
Die Antragstellerin hat die Nettomiete der Ehewohnung von monatlich 715 Euro sowie die Nebenkosten für die Monate Februar bis April 2015 allein bezahlt. Der Antragsgegner hat u.a. im Zeitraum von Februar bis April 2015 an die Antragstellerin Trennungsunterhalt von 952 Euro monatlich und Kindesunterhalt von insgesamt 748 Euro monatlich gezahlt. Bei der Berechnung des Unterhalts sind die Verbindlichkeiten aus dem Mietvertrag nicht berücksichtigt worden.
Das OLG Bremen führt aus, dass die Ehegatten auch nach dem Auszug des Antragsgegners im Innenverhältnis grundsätzlich hälftig auf die Miete haften (§ 426 Abs. 1 BGB). Allein aus der Tatsache, dass die Antragstellerin noch drei Monate in der Wohnung verblieb, während der Antragsgegner nach seinem Auszug im Januar 2015 eine anderweitige Unterbringung finden musste, ergebe sich noch keine anderweitige Bestimmung im Sinne der Norm. Da die Eheleute gemeinsam nach der Trennung unter Einhaltung der gesetzlichen Kündigungsfrist von drei Monaten das Mietverhältnis beendet hatten, entsprach es auch der wirtschaftlichen Vernunft, dass die Antragstellerin und die Kinder noch während dieser drei Monate die Wohnung nutzten.
Eine anderweitige Bestimmung i.S.d. § 426 Abs. 1 Satz 1 BGB könne auch nicht darin zu sehen sein, dass der Antragsgegner während der verfahrensgegenständlichen drei Monate an die Antragstellerin sowohl Trennungs- als auch Kindesunterhalt gezahlt hat. Denn der insoweit darlegungsbelastete Antragsgegner habe nicht vorgetragen, dass die Miete monatlich vom Einkommen der Antragstellerin abgezogen wurde und sich dadurch ihr Unterhaltsanspruch ihm gegenüber erhöht habe. Weder eine unmittelbare noch eine mittelbare tatsächliche Beteiligung des Antragsgegners am Abtrag der Miete habe nach Aktenlage stattgefunden.
Zu berücksichtigen sei aber, dass die Ehefrau seit dem 01.05.2015 eine kleinere Wohnung bewohnt, für die 335 Euro Nettomiete pro Monat anfallen. Die 335 Euro hätte die Antragstellerin bei Anmietung einer nach der Trennung angemessenen kleineren Wohnung ohnehin alleine tragen müssen. Gleiches gelte für die Nebenkosten. Dementsprechend könne sie nur eine hälftige Beteiligung des Antragsgegners an den darüber hinaus für die ehemalige Ehewohnung anfallenden Mietkosten verlangen. Die Differenz zwischen diesem Betrag und den für die ehemalige Ehewohnung gezahlten 715 Euro beträgt 380 Euro. Von diesen habe der Antragsgegner die Hälfte und somit 190 Euro monatlich zu zahlen.

C. Kontext der Entscheidung

Bei gemeinsamem Mietvertrag haften auch nach Auszug eines Ehegatten weiterhin beide gegenüber dem Vermieter auf Zahlung der Miete. Für das Innenverhältnis der Eheleute kann sich aber ergeben, dass der in der Wohnung verbliebene (alleinnutzende) Ehegatte im Innenverhältnis für die Miete alleine aufzukommen hat. Es ist danach zu differenzieren, ob es sich um eine nach der Trennung der Eheleute gewählte oder um eine aufgedrängte Wohnsituation handelte (Wever, Vermögensauseinandersetzung der Ehegatten außerhalb des Güterrechts, 6. Aufl., Rn. 324):
Entscheidet sich der in der Wohnung verbleibende Ehegatte nach der Trennung dafür, in der Wohnung weiterhin leben zu wollen, kann von einer gewählten Wohnsituation ausgegangen werden, weshalb der verbliebene Ehegatte dann auch für die Miete alleine aufzukommen hat.
Anders liegt es dann, wenn dem in der ehemals gemeinsamen Ehewohnung zurückbleibenden Ehegatten diese Wohnsituation aufgedrängt wurde bzw. Einverständnis zwischen den Ehegatten darüber besteht, dass er die Wohnung noch bis zur Beendigung des Mietverhältnisses nutzen soll. Dann ist eine alleinige interne Haftung des zurückbleibenden Ehegatten für die Mietschulden bis zum Ende des Mietvertrages nicht gerechtfertigt. Hier ist jedoch die Höhe des Ausgleichsanspruches fraglich
– nach einer Ansicht ist der Ausziehende weiter hälftig an der Miete zu beteiligen (Haußleiter/Schulz, Vermögensauseinandersetzung bei Trennung und Scheidung, Kap. 6 Rn. 48a);
– nach anderer, wohl vorherrschender und auch hier vom OLG Bremen vertretener Ansicht (OLG Düsseldorf, Beschl. v. 17.03.2014 – 2 UF 4/14 – FamRZ 2014, 1296; Wever, FamRZ 2003, 1664, 1665) hat der Ausziehende dagegen nur den Betrag zu tragen, der die Kosten einer kleineren Wohnung für den verbliebenen Ehegatten übersteigt („aufgedrängt“ ist dem verbliebenden Ehegatten ja allein der überschießende Teil).
Wird zeitgleich Unterhalt gezahlt, ist ein Ausgleich nach § 426 BGB dann nicht ausgeschlossen, wenn der Schuldenabtrag (die Zahlung des Mietzinses) bei der Unterhaltsbemessung nicht zum Tragen gekommen ist. Wer sich dabei auf den Ausschluss beruft, muss dies darlegen und notfalls beweisen.

D. Auswirkungen für die Praxis

Die Beteiligten sollten die näheren Umstände der durch Auszug herbeigeführten Trennung stets darlegen, um so die Prüfung einer abweichenden Bestimmung nach § 426 Abs. 1 BGB zu ermöglichen. Gleiches gilt bei zeitgleicher Zahlung von Trennungsunterhalt: Hat hier die Zahlung des Mietzinses als Belastungsposition Berücksichtigung gefunden, wird ein Gesamtschuldnerausgleich regelmäßig ausgeschlossen sein. Daher sollten die Rechengrundlagen des Unterhaltsanspruchs näher ausgeführt werden.

E. Weitere Themenschwerpunkte der Entscheidung

Vom Vermieter ist an den Antragsgegner die Kaution zurückgezahlt worden. Die Antragstellerin machte einen Anspruch auf Zahlung der hälftigen Mietkaution geltend. Das OLG Bremen lehnt diesen Anspruch ab und führt aus:
„Hinzukommt, dass zwischen den Beteiligten Streit darüber besteht, ob die Kaution überhaupt den Eheleuten hälftig zugestanden hätte. Der Vortrag der Antragstellerin und des Antragsgegners, jeweils ihre Eltern hätten die Kaution gestellt, schließt sich gegenseitig aus. Beweisangebote für die Richtigkeit der von der insoweit darlegungs- und beweisbelasteten Antragstellerin aufgestellten Behauptung liegen nicht vor.“