Nachfolgend ein Beitrag vom 5.6.2018 von Götsche, jurisPR-FamR 11/2018 Anm. 4

Leitsätze

1. Der Antrag auf Durchführung des Versorgungsausgleichs nach Art. 17 Abs. 3 EGBGB kann auch in einem isolierten Verfahren – nach Rechtskraft der Scheidung – gestellt werden. Der Ausgleichsanspruch verjährt nicht und unterliegt grundsätzlich auch nicht der Verwirkung.
2. § 31 VersAusglG setzt nicht voraus, dass der Tod des ausgleichspflichtigen Ehegatten zu einem Zeitpunkt eintritt, in dem ein Versorgungsausgleichsverfahren bereits anhängig war.

A. Problemstellung

Die Ehe eines oder zweier Ausländer wird im Ausland rechtskräftig geschieden, ohne dass ein Versorgungsausgleich erfolgt. Kann der Versorgungsausgleich dann später in Deutschland isoliert nachgeholt werden? Und wie wirkt es sich aus, wenn einer der Geschiedenen bereits verstorben ist?

B. Inhalt und Gegenstand der Entscheidung

Die Antragstellerin ist südafrikanische Staatsbürgerin. Sie bezieht Altersrente sowie ergänzende Leistungen nach den §§ 41 ff. SGB XII (Grundsicherung im Alter). Der frühere Ehemann der Antragstellerin besaß die deutsche Staatsbürgerschaft, beide hatten ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland. Die Ehe wurde rechtskräftig in 2011 durch ein englisches Gericht geschieden, ein Versorgungsausgleich fand nicht statt. Die Antragstellerin hat gegen den Erben ihres verstorbenen Mannes die isolierte Durchführung des Versorgungsausgleichs und zugleich die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe, die ihr durch das Amtsgericht versagt wurde, beantragt.
Das OLG Saarbrücken hat der Antragstellerin auf ihre Beschwerde die Verfahrenskostenhilfe gewährt.
Die Antragstellerin könne nach Art. 17 Abs. 3 Satz 2 EGBGB in einem isolierten Verfahren die Durchführung des Versorgungsausgleichs nach deutschem Recht verlangen. Der darauf beruhende Ausgleichsanspruch verjähre nicht und sei auch nach dem Tode des Geschiedenen durchführbar. § 31 VersAusglG enthalte keine Einschränkung dahingehend, dass die Geltendmachung von Ausgleichsansprüchen gegen die Erben nur in Betracht komme, wenn der Tod des ausgleichspflichtigen Ehegatten zu einem Zeitpunkt eintritt, in dem ein Versorgungsausgleichsverfahren bereits anhängig war.

C. Kontext der Entscheidung

Der Versorgungsausgleich kann auch stattfinden, wenn mindestens einer der Ehegatten die ausländische Staatsangehörigkeit besitzt. Hat bei einer Auslandsscheidung ein Versorgungsausgleich nicht stattgefunden, kann dies im isolierten Verfahren grundsätzlich nachgeholt werden (vgl. BGH, Beschl. v. 03.02.1993 – XII ZB 93/90 – FamRZ 1993, 798).
Für Scheidungsverfahren, die nach dem 21.06.2012 bei einem deutschen Familiengericht rechtshängig werden, gilt gemäß Art. 17 Abs. 3 Satz 1 HS. 1 EGBGB die sog. Rom III-VO (vgl. dazu Götsche/Rehbein/Breuers, Versorgungsausgleichsrecht, 3. Aufl. 2018, Einleitung Rn. 35).
Für zuvor rechtskräftig geschiedene Ehen – wie die vorliegende – gilt dagegen allein Art. 17 EGBGB. Nach Art. 17 Abs. 3 Satz 2 EGBGB (sog. regelwidriger Versorgungsausgleich) kann die Durchführung des Versorgungsausgleichs nach deutschem Recht insbesondere dann verlangt werden, wenn einer der Ehegatten in der Ehezeit ein Anrecht bei einem inländischen Versorgungsträger erworben hat und die Durchführung des Versorgungsausgleichs im Hinblick auf die beiderseitigen wirtschaftlichen Verhältnisse während der gesamten Ehezeit der Billigkeit nicht widerspricht. Diese Voraussetzungen lagen hier vor. Eine zeitliche Grenze für diese Durchführung besteht nicht, da der Anspruch auf den Versorgungsausgleich nicht verjährt. Die Durchführung erfolgt im isolierten Verfahren, so dass hier die §§ 217 ff. FamFG in vollem Umfange gelten. Insbesondere Anwaltszwang besteht dabei nicht.
Ist ein Ehegatte nach rechtskräftiger Scheidung verstorben, hat dies nach § 31 Abs. 1 Satz 1 VersAusglG zunächst nur zur Folge, dass das Recht des überlebenden Ehegatten auf Wertausgleich gegen die Erben geltend zu machen ist. Denn zu einem Versorgungsausgleich kommt es von vornherein nur dann nicht, wenn ein Ehegatte vor Rechtskraft der Ehescheidung verstorben war, vgl. § 131 FamFG.
Die weiteren (materiell-rechtlichen) Folgen regelt dann insbesondere § 31 Abs. 2 VersAusglG. Letztendlich hat diese Norm zur Folge, dass ein Versorgungsausgleich nur stattfindet, wenn der insgesamt Ausgleichsberechtigte überlebt hat. Dafür muss eine Gesamtbilanz aller im Versorgungsausgleich auszugleichenden Anrechte des Überlebenden und Verstorbenen – dessen Anrechte als fortbestehend fingiert werden – erstellt werden (BGH, Beschl. v. 05.06.2013 – XII ZB 635/12 – FamRZ 2013, 1287). Konkret nützt der hier überlebenden Ex-Ehefrau der Versorgungsausgleich also nur etwas, wenn sie in der Ehezeit weniger auszugleichende Anrechte als der Verstorbene erworben hatte.

D. Auswirkungen für die Praxis

Wurde eine Ehe im Ausland geschieden, ist (selbst bei langjährig Geschiedenen) stets zu prüfen, ob ein Versorgungsausgleich stattgefunden hat. Da nur wenige Länder den Versorgungsausgleich (bzw. ein vergleichbares Institut) kennen (vgl. auch die Übersicht bei Götsche/Rehbein/Breuers, Versorgungsausgleichsrecht, Einleitung Rn. 32), ist nach den vorangestellten Ausführungen zu prüfen, ob dann ein isolierter Versorgungsausgleich nachgeholt werden kann. Der Tod eines Ehegatten verhindert diese Prüfung nicht.

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