Nachfolgend ein Beitrag vom 2.2.2016 von Götsche, jurisPR-FamR 3/2016 Anm. 6

Leitsätze

1. Im Versorgungsausgleich auszugleichen sind grundsätzlich auch die zur Kreditsicherung einer Baufinanzierung abgetretenen Anrechte aus einer Rentenlebensversicherung mit Kapitalwahlrecht (Anschluss an BGH, Beschl. v. 06.04.2011 – XII ZB 89/08 – FamRZ 2011, 963). Dies gilt erst Recht, wenn ein solches Recht nicht sicherungsabgetreten, sondern verpfändet wurde.
2. Wenn der ausgleichspflichtige Ehegatte die Rentenversicherung im Zusammenhang mit dem Erwerb einer Immobilie durch eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts abgeschlossen hat, an der er zu 50% beteiligt ist, steht einem Ausgleich grundsätzlich auch nicht entgegen, dass die Rentenversicherung bei deren Abschluss zur Tilgung des Finanzierungsdarlehens vorgesehen war. Bei einem Renditeobjekt liegt nahe, dass die Erwerber sich die Möglichkeit der Verwertung der Immobilie zur Ablösung der Finanzierungsdarlehen vorbehalten haben.

A. Problemstellung

Unterfällt ein verpfändetes Versorgungsanrecht eines Ehegatten dem Versorgungsausgleich?

B. Inhalt und Gegenstand der Entscheidung

Im entschiedenen Fall war eine Rentenversicherung des Antragstellers nach dessen Angaben zur Tilgung eines Immobiliendarlehens abgeschlossen worden, welches er gemeinsam mit seinem Bruder aufgenommen hatte. Mit seinem Bruder führte der Antragsteller gleichberechtigt eine Grundstücksgesellschaft, die H GbR. Später erfolgte die Verpfändung der Rentenversicherung an einen Dritten durch den Antragsteller.
Das OLG Hamm hat die private Rentenversicherung des Antragstellers in den Versorgungsausgleich einbezogen. Dagegen spreche nicht, dass diese im Zusammenhang mit der Finanzierung von Immobilienkäufen abgeschlossen wurde und später bei Aufnahme des Darlehens verpfändet wurde. Durch die nachfolgende Verpfändung der Rentenversicherung an den Dritten habe sich der Antragsteller nicht endgültig seiner Rechte aus dem Versicherungsvertrag begeben. Denn hierdurch gewährte er dem Dritten im Wege der Verpfändung lediglich ein Verwertungsrecht an der Rentenversicherung gemäß den §§ 1273 ff., 1204 ff. BGB. Dem stehe auch nicht entgegen, dass hier die Baufinanzierung auf ein mit Gewinnerzielungsabsicht errichtetes Mietshaus ausgerichtet sei. Soweit durch die Veräußerung der Liegenschaft die Baufinanzierung abgelöst würde, würde die verpfändete Lebensversicherung wieder frei und stände wirtschaftlich allein dem Versicherungsnehmer zu. Im Rahmen eines derartig angelegten Geschäftsmodells seien die Versorgungsanrechte daher unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten zu keiner Zeit der Disposition des geschiedenen Ehegatten entzogen.

C. Kontext der Entscheidung

Dient eine sicherungsabgetretene Rentenversicherung der Tilgung eines Darlehens, steht dies ihrer Einbeziehung in den Versorgungsausgleich nicht entgegen (vgl. BGH, Beschl. v. 06.04.2011 – XII ZB 89/08 – FamRZ 2011, 963). Denn mit einer Sicherungsabtretung allein hat sich der Versicherungsnehmer seiner Rechte aus der Rentenversicherung noch nicht endgültig begeben. Die mit dem Darlehensgeber getroffene Sicherungs- und Tilgungsabrede, welche dem Darlehensgeber im Zeitpunkt der Endfälligkeit des Darlehens eine Befriedigungsmöglichkeit durch die Ablaufleistung aus der Rentenversicherung gewährt, hindert den Darlehensnehmer nämlich nicht, das Darlehen auf andere Weise zu tilgen, insbesondere durch eine Veräußerung der Immobilie, welche dem Darlehensgeber ohnehin als weitere Sicherheit dient. Diese Argumentation trifft erst recht auf ein lediglich verpfändetes Recht zu. Es ist anerkannt, dass die Sicherungsabtretung einer Forderung und die Verpfändung einer Forderung funktionsäquivalent sind. Bei der Sicherungsabtretung wird aber sogar ein Mehr – die Inhaberschaft – auf den Sicherungsnehmer übertragen. Die Erwägung des BGH (Beschl. v. 06.04.2011 – XII ZB 89/08) zum sicherungsabgetretenen Anrecht greift damit auch für verpfändete Anrechte, wie das Oberlandesgericht zutreffend ausführt.

D. Auswirkungen für die Praxis

Sicherungsabgetretene oder verpfändete Anrechte unterfallen weiterhin dem Versorgungsausgleich. Dies gilt auch für gepfändete Anrechte (KG Berlin, Beschl. v. 06.02.2012 – 17 UF 272/11 – FamRZ 2012, 1218 mit zustimmender Anm. Bergmann, FF 2012, 205; OLG Naumburg, Beschl. v. 04.08.2011 – 3 UF 116/11 – FamRZ 2012, 1057; Gutdeutsch, FamRB 2012, 187; vgl. auch Schwamb, FamRB 2012, 140, 141; a.A. Kemper/Norpoth, FamRB 2011, 284). Anderes gilt erst dann, wenn zwingend feststeht, dass die Sicherheit durch den Sicherungsnehmer in Anspruch genommen wird. Dann scheidet ein Versorgungsausgleich insgesamt aus (BGH, Beschl. v. 06.04.2011 – XII ZB 89/08). und der Ausgleich ist allein im Zugewinn zu suchen (vgl. Götsche, FuR 2013, 71, 80).

E. Weitere Themenschwerpunkte der Entscheidung

Das Oberlandesgericht führt noch aus, dass die Rechtsstellung des Antragstellers auch nicht etwa durch eine Bezugsberechtigung seines Bruders und Mitgesellschafters geschwächt sei. Ebenso wenig könne eine (Voll-)Abtretung der Rentenversicherung an die H GbR festgestellt werden.