Nachfolgend ein Beitrag vom 28.3.2017 von Götsche, jurisPR-FamR 6/2017 Anm. 2
Leitsätze
1. Ob einem Ehegatten, der während des laufenden Scheidungsverfahrens vom anderen Ehegatten die Rückübertragung einer während intakter Ehe übertragenen Kapitallebensversicherung verlangt, ein Anspruch nach § 313 Abs. 1 BGB auf Rückabwicklung dieser ehebezogenen Zuwendung zusteht, kann bei einer im Güterstand der Zugewinngemeinschaft geführten Ehe erst beurteilt werden, wenn klar ist, zu welchem Ergebnis der vorrangige Zugewinnausgleich kommt.
2. Ein auf § 313 BGB gestützter Anspruch auf dingliche Rückgewähr des übertragenen Vermögensobjektes kommt nur ausnahmsweise dann in Betracht, wenn der Zuwendende ein besonders schutzwürdiges Interesse an dem Vermögensobjekt hat und es unerträglich erscheint, dass es im Eigentum des anderen Ehegatten verbleibt. Der Antragsteller hat diese Anspruchsvoraussetzungen konkret darzulegen und ggf. zu beweisen.
A. Problemstellung
Unter welchen Voraussetzungen kann ein Ehegatte die Rückübertragung einer dem anderen Ehegatten übertragenen Kapitallebensversicherung verlangen, wenn es zum Scheitern der Ehe kommt?
B. Inhalt und Gegenstand der Entscheidung
Die Beteiligten streiten in der Beschwerdeinstanz um Zugewinnausgleich. Während des laufenden güterrechtlichen Verfahrens hat der Antragsteller zudem gegen die Antragsgegnerin in einem selbstständigen Verfahren einen Antrag auf Rückübertragung einer Kapitallebensversicherung (mit einem Wert von 28.195,81 Euro) an ihn gestellt. Unstreitig ist, dass der Antragsteller während der intakten Ehe alle damals auf ihn als Versicherungsnehmer laufenden Lebensversicherungen auf die Antragsgegnerin übertragen hatte. Hierzu behauptete er, er wollte die Versicherungen einem eventuellen Gläubigerzugriff entziehen. Der Übertragung habe eine Treuhandabrede mit der Antragsgegnerin zugrunde gelegen, wonach die Antragsgegnerin spätestens bei Beendigung der Ehe die Lebensversicherungen auf ihn zurückübertragen sollte.
Das OLG Bremen hat einen Rückübertragungsanspruch verneint.
Vom Vorliegen einer Schenkung sei bereits deshalb nicht auszugehen, weil keiner eine derartige Behauptung aufstelle. Allein der Umstand, dass das übertragene Vermögen dem Zugriff von Gläubigern des Zuwendenden entzogen werden sollte, genüge nicht für die Annahme eines Treuhandverhältnisses; im Übrigen habe der Antragsteller die Einzelheiten einer Treuhandabrede mit der Antragsgegnerin nicht ausreichend dargetan. Zwar liege eine ehebezogene Zuwendung vor, die weiteren Voraussetzungen des § 313 BGB für eine Rückabwicklung seien aber nicht gegeben. Die Interessen des zuwendenden Antragstellers seien ausreichend dadurch gewahrt, dass er über den Zugewinnausgleich einen teilweisen finanziellen Wertausgleich von 147.257,70 Euro (wie das OLG Bremen im Einzelnen ausführt) erhalte. Zudem komme eine Rückübertragung des zugewandten Vermögenswerts nach § 313 Abs. 1 BGB nur unter sehr engen Voraussetzungen in Betracht. Angesichts der beiderseitigen Einkommens-/Vermögensverhältnisse sei es für den Antragsteller aber nicht unzumutbar, dass die Versicherung im Vermögen der Antragsgegnerin verbleibe und somit von ihr später für ihre eigene Alterssicherung verwandt werden könne.
C. Kontext der Entscheidung
Zivilrechtliche Ansprüche zwischen den Ehegatten sind üblicherweise unabhängig von dem ehelichen Güterrecht. Dies heißt aber nicht, dass sie für das Güterrecht ohne Bedeutung sind: Sind solche Ansprüche bereits beim Stichtag des Endvermögens (§§ 1375 Abs. 1, 1384 BGB) entstanden, sind sie in die Bilanz einzubuchen (als Aktiva des Anspruchsinhabers und als Passiva des Anspruchsgegners). Dies träfe hier auf die (unzweifelhaft nicht vorliegende) Schenkung und vor allem auf die behauptete Treuhandabrede zu. Die echte (fiduziarische) Treuhand ist ein Rechtsverhältnis, das ein Wirtschaftsgut (Treugut) eines Ehegatten (Treugeber) zum Gegenstand hat, welches dem anderen Ehegatten (Treuhänder) zu vollem Recht übertragen wird mit der Verpflichtung, von der unbeschränkten Rechtsmacht nur innerhalb vertraglicher bestimmter Grenzen Gebrauch zu machen (Roßmann in: Handbuch Familienvermögensrecht, 2. Aufl. 2015, Kap. 2, Rn. 740 ff.). Grundlage der Treuhand ist regelmäßig ein unentgeltlicher Auftrag nach den §§ 662 ff. BGB oder ein entgeltlicher Geschäftsbesorgungsvertrag nach § 675 BGB. Motive für ein Treuhandverhältnis sind neben einer möglichen Steuerersparnis vor allem der hier streitige Zweck, Vermögen dem unmittelbaren Zugriff von Gläubigern eines Ehegatten zu entziehen. Dies zeigt, dass es sich hier um eher seltene Vertragskonstrukte handelt, die deshalb derjenige, der sich auf ein Treuhandverhältnis beruft, eingehend darlegen (und ggf. beweisen) muss (BGH, Urt. v. 14.01.1981 – IVb ZR 525/80 – FamRZ 1981, 239, 240); schon die hinreichende Darlegung war dem Antragsteller aber nicht gelungen.
Eine Wechselbeziehung zum Güterrecht hat dagegen der aus einer ehebedingten Zuwendung resultierende Ausgleichsanspruch nach den Grundsätzen über den Wegfall der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB). Der Anspruch entsteht zwar schon mit endgültiger Trennung der Ehegatten (Büte in: Handbuch Familienvermögensrecht, 2. Aufl. 2015, Kap. 2, Rn. 2357 f.). Anspruchsvoraussetzung ist jedoch, dass die Beibehaltung der durch die Zuwendung herbeigeführten Vermögenslage dem benachteiligten Ehegatten nach den Umständen des Einzelfalles nicht zumutbar, also die Zuerkennung eines Ausgleichsanspruches aus Gründen der Billigkeit erforderlich ist (BGH, Urt. v. 13.07.1994 – XII ZR 1/93 – FamRZ 1994, 1167), was von dem güterrechtlichen Ergebnis, aber auch von den sonstigen Einkommens-/Vermögensverhältnissen der Ehegatten abhängt. Dieser Anspruch ist daher dem Güterrecht faktisch nachrangig: Es ist also erst der Zugewinnausgleich zu ermitteln, bevor über den Ausgleichsanspruch nach § 313 BGB entschieden werden kann. Inhaltlich ist der Rückgewähranspruch grundsätzlich auf Wertersatz (Ausgleichszahlung) gerichtet. Sehr ausnahmsweise kann der zugewandte Gegenstand zurückgefordert werden, wenn daran ein besonderes Interesse besteht (Beispiel: M hat das Grundstück seiner Eltern geerbt und auf F übertragen, vgl. auch OLG Frankfurt, Beschl. v. 14.03.2013 – 6 UF 91/11 – FamRZ 2013, 988 für Schwiegerelternzuwendungen).
D. Auswirkungen für die Praxis
Hat ein Ehegatte dem anderen Vermögenswerte während des Bestehens der Ehe zugewandt und will er diese mit dem Scheitern der Ehe zurückerhalten, muss er sehr umfangreich zu den Umständen der Übertragung und begleitenden Abreden vortragen. Will er über die Rückabwicklung einer ehebezogenen Zuwendung vorgehen, muss er sämtliche Voraussetzungen des § 313 BGB darlegen und ggf. beweisen. Dazu gehört,
– dass der Zuwendung die Vorstellung und Erwartung zugrunde gelegen hat, die eheliche Lebensgemeinschaft werde Bestand haben,
– bei Gütertrennung zudem, dass das Ergebnis unzumutbar ist,
– beim gesetzlichen Güterstand zudem, dass das Ergebnis, zu dem der Zugewinnausgleich unter Einbeziehung der Zuwendung führt, schlechthin unangemessen und für ihn unzumutbar ist.
Will er den zugewandten Vermögenswert selbst zurückerhalten, wird ihm dies regelmäßig nur gelingen, wenn darüber vertragliche Abreden getroffen wurden (z.B. als Treuhand oder Vermögensverwaltung) oder wenn er im Falle einer Schenkung zum Widerruf berechtigt ist. Über den Ausgleichsanspruch nach § 313 BGB (bei ehebedingter Zuwendung) wird ihm regelmäßig allein ein Wertersatz zugebilligt.
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