Nachfolgend ein Beitrag vom 17.1.2017 von Götsche, jurisPR-FamR 1/2017 Anm. 8

Leitsätze

1. Zur Behandlung sog. Kinderrentenversicherungen  im Versorgungsausgleich (Abgrenzung zu OLG Zweibrücken, Beschl. v. 04.02.2011 – 2 UF 82/10, juris; Brandenburgisches OLG, Beschl. v. 11.03.2015 – 9 UF 27/15, juris und OLG Hamm, Beschl. v. 01.09.2015 – 9 UF 224/14 Rn. 7, juris). Eine private Rentenlebensversicherung, die ein Ehegatte als Versicherungsnehmer auf das Leben seines Kindes als versicherte Person abgeschlossen hat, unterfällt nicht dem Versorgungsausgleich, wenn die versicherte Person für den Erlebensfall bezugsberechtigt sein soll und der vertragliche Rentenbeginn auf das Renteneintrittsalter des versicherten Kindes abstellt.
2. Das Kündigungsrecht des Versicherungsnehmers und dessen Bezugsrecht im Todesfall unterfallen nicht dem Versorgungsausgleich, weil es in beiden Fällen nicht zu einer Rentenzahlung, sondern nur zu einer einmaligen Kapitalzahlung kommt.

A. Problemstellung

Rentenversicherungen unterfallen dem Versorgungsausgleich, soweit ein Ehegatte Inhaber der Versorgung ist. Trifft dies auf Versicherungsverträge, die auf den Namen eines Dritten – meist die Kinder des ausgleichspflichtigen Ehegatten (sog. Kinderrentenversicherungen bzw. Kinderplan Vorsorgeverträge) – abgeschlossen sind, zu?

B. Inhalt und Gegenstand der Entscheidung

In der Ehezeit sind zwei sog. Kinderrentenversicherungen aufgebaut worden, bei denen die Ehefrau Versicherungsnehmerin und Bezugsberechtigte ist. Versicherte Personen und Leistungsempfänger im Erlebensfall sind die Kinder. Der Beginn für die private Rente ist auf einen Zeitpunkt nach Vollendung des 65. Lebensjahres des jeweils versicherten Kindes vereinbart (01.10.2069 bzw. 01.10.2063). Bei Beginn dieser Rentenleistungen wäre die Ehefrau 103 bzw. 97 Jahre alt.
Das OLG Hamm hat diese Verträge nicht der auszugleichenden Altersversorgung der Ehefrau i.S.d. § 2 VersAusglG zugeordnet.
Wegen des fernen Rentenbeginns seien diese Anrechte – unabhängig davon, ob das Bezugsrecht der Kinder widerruflich oder unwiderruflich sei – nicht gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 2 VersAusglG der Absicherung der Ehefrau (als Versicherungsnehmerin) im Alter dienend. Denn hierfür wäre erforderlich, dass die vertraglich vereinbarte Rentenleistung im Anschluss an die Beendigung des aktiven Berufslebens gewährt werde und das bisherige Erwerbseinkommen ersetzen solle. Angesichts des hohen Alters der Ehefrau bei Beginn der Rentenleistungen scheide ein Altersvorsorgezweck aus. Das Bezugsrecht der Antragstellerin für den Todesfall in Form einer Beitragsrückerstattung und die Möglichkeit, die Verträge zu kündigen, um die Rückkaufswerte zu realisieren, stellen keine Altersversorgung der Antragstellerin i.S.d. § 2 VersAusglG dar, weil diese Rechte nicht auf die Erlangung einer Rente gerichtet seien (§ 2 Abs. 2 Nr. 3 VersAusglG).

C. Kontext der Entscheidung

Maßgeblich für die Zuordnung der Versorgungsrechte aus einem Lebensversicherungsvertrag ist die Inhaberschaft am Bezugsrecht. Dieses steht dem Versicherungsnehmer nur dann nicht zu, wenn das Bezugsrecht unwiderruflich auf einen Dritten übertragen worden ist (BGH, Beschl. v. 20.05.1992 – XII ZR 255/90 – FamRZ 1992, 1155; OLG Hamm, Beschl. v. 01.09.2015 – 9 UF 224/14 – FamRZ 2016, 549).
Damit können auch Versicherungsverträge, die auf den Namen eines Dritten abgeschlossen sind, dem Versorgungsausgleich unterfallen, wenn der Ehegatte bezugsberechtigt ist oder das übertragene Bezugsrecht von ihm widerrufen werden kann. Dies gilt im Grundsatz auch, wenn es sich bei diesen Dritten um Kinder handelt (OLG Brandenburg, Beschl. v. 11.03.2015 – 9 UF 27/15 – FamRZ 2015, 1789; a.A. OLG Zweibrücken, Beschl. v. 04.02.2011 – 2 UF 82/10 – NJW-RR 2011, 803). Hier können aber Zweifel an dem Altersvorsorgezweck bestehen. Die von einem Ehegatten als Versicherungsnehmer auf das Leben eines Kindes als Versicherter abgeschlossene private Renten-Lebensversicherung unterliegt dann dem Versorgungsausgleich, wenn das Bezugsrecht dem Ehegatten zusteht und die vereinbarte Rentenzahlung zu einem Zeitpunkt einsetzen soll, zu dem der Ehegatte aus dem aktiven Erwerbsleben ausscheiden wird (OLG Brandenburg, Beschl. v. 11.03.2015 – 9 UF 27/15 – FamRZ 2015, 1789; a.A. OLG Zweibrücken, Beschl. v. 04.02.2011 – 2 UF 82/10 – NJW-RR 2011, 803). Tritt die vertragsgemäße Rentenleistung dagegen zu einem Zeitpunkt ein, der deutlich nach dem (üblichen) Renteneintrittsalter liegt, wird der Altersvorsorgezweck zu verneinen sein.

D. Auswirkungen für die Praxis

Für solche Kinderlebensversicherungen muss eine nähere Problematisierung der Zweckbestimmung der Lebensversicherungen vorgenommen werden. Insbesondere dem vertraglich vereinbarten Leistungsbeginn kommt eine erhebliche Bedeutung zu. Je weiter dieser von der Regelaltersgrenze (65. bzw. 67. Lebensjahr) entfernt liegt, desto mehr werden sich Zweifel am Altersvorsorgezweck ergeben. All dies ist von Amts wegen zu prüfen, wobei der Inhaber der Versorgung schon im eigenen Interesse dazu eingehenden Vortrag leisten sollte.