Nachfolgend ein Beitrag vom 20.11.2018 von Reinken, jurisPR-FamR 23/2018 Anm. 6
Leitsatz
Zur Bewertung des vom Auskunftspflichtigen aufzuwendenden Zeitaufwands ist auf die Stundensätze zurückzugreifen, die der Auskunftspflichtige als Zeuge in einem Zivilprozess erhalten würde, wenn er mit der Erteilung der Auskunft weder eine berufstypische Leistung erbringt noch einen Verdienstausfall erleidet. Dabei ist regelmäßig davon auszugehen, dass die zur Auskunftserteilung erforderlichen Tätigkeiten in der Freizeit erbracht werden können (im Anschluss an BGH, Beschl. v. 16.08.2017 – XII ZB 429/16 – FamRZ 2017, 1947).
A. Problemstellung
Nach welchen Kriterien bemisst sich die Beschwer nach § 61 FamFG für ein Rechtsmittel des zur Auskunft und Belegvorlage Verpflichteten?
B. Inhalt und Gegenstand der Entscheidung
Die Beteiligten sind geschiedene Eheleute. In einem Ehevertrag haben sie nachehelichen Unterhalt ausgeschlossen. Zugunsten der Ehefrau sollte dieser jedoch nach Verlust ihrer Arbeitsstelle wiederaufleben. Dementsprechend macht sie nunmehr nach Kündigung ihres Arbeitsverhältnisses nachehelichen Unterhalt im Wege des Stufenantrags geltend. Das Familiengericht hat den Ehemann antragsgemäß zur Erteilung einer näher spezifizierten Auskunft über sein Einkommen und Vermögen unter Vorlage entsprechender Belege verpflichtet. Das Beschwerdegericht hat das Rechtsmittel des Ehemannes als unzulässig verworfen.
Dessen Rechtsbeschwerde blieb vor dem BGH erfolglos.
Der BGH sieht bei der Bemessung der Beschwer durch das Beschwerdegericht weder ein Überschreiten der gesetzlichen Grenzen noch eine fehlerhafte Ausübung des ihm insoweit eingeräumten Ermessens. Im Falle der Verpflichtung zur Erteilung einer Auskunft bemesse sich die Beschwer des zur Auskunft Verpflichteten nach seinem Interesse, die Auskunft nicht erteilen zu müssen. Dabei komme es auf den Aufwand an Zeit und Kosten an, den die Erteilung der Auskunft erfordere.
Den Zeitaufwand für die Erfüllung des Anspruchs unter Zugrundelegung eines Stundensatzes von 3,50 Euro nach § 20 JVEG zu bemessen, liege im Rahmen seiner Rechtsprechung. Ein höherer Stundensatz komme nur in Betracht, wenn der Auskunftspflichtige mit der Erteilung der Auskunft eine berufstypische Leistung erbringe oder einen Verdienstausfall erleide. Regelmäßig sei aber davon auszugehen, dass die hierfür erforderlichen Tätigkeiten in der Freizeit erbracht werden können. Zutreffend sei auch die Auffassung, dass es zur Erteilung der geforderten Auskunft der Hinzuziehung eines Steuerberaters nicht bedürfe. Die Kosten der Zuziehung einer sachkundigen Hilfsperson könnten bei der Bemessung des Wertes des Beschwerdegegenstandes nämlich nur berücksichtigt werden, wenn und soweit sie zwangsläufig entstünden, weil der Auskunftspflichtige zu einer sachgerechten Auskunftserteilung nicht in der Lage sei.
Die Befassung eines Steuerberaters sei nicht etwa deshalb erforderlich, weil der Auskunftspflichtige Erläuterungsberichte zur Bilanz nachzufertigen habe, denn nach der zutreffenden Auslegung des familiengerichtlichen Tenors habe der Ehemann die diesbezüglichen Unterlagen vorzulegen und nicht herzustellen. Auch benötige der Ehemann keine professionelle Hilfe, um die Bewertungen seiner jeweiligen Unternehmensbeteiligungen zu erstellen, denn er müsse lediglich Auskunft über sein Vermögen durch ein Bestandsverzeichnis und Vorlage entsprechender Belege erteilen. Das verlange nur deren Auflistung unter Beifügung insoweit vorhandener Belege wie etwa Gesellschafterlisten und Jahresabschlüsse. Dass sachkundige Hilfe wegen des außergewöhnlichen Umfangs der Unternehmensbeteiligungen und seines sonstigen Vermögens erforderlich sei, sei weder ersichtlich noch vorgetragen.
C. Kontext der Entscheidung
Es ist die Eigenart des Rechtsmittelwertes, dem Streit um bestimmte Forderungen, die nur in einer Höhe entstehen, die hinter dem Rechtsmittelwert zurückbleibt, weitere Instanzen zu verschließen (OLG Brandenburg, Beschl. v. 13.10.2015 – 13 UF 90/13). In Auskunftsverfahren wirkt sich dies nicht so sehr für ein Rechtsmittel des die Auskunft Begehrenden aus (vgl. dazu aber jüngst BGH, Beschl. v. 16.05.2018 – XII ZB 80/18), vielmehr ermöglicht es die Rechtsprechung dem Auskunftspflichtigen nur in Ausnahmefällen, die Auskunfts- und Belegvorlageverpflichtung in der Rechtsmittelinstanz überprüfen zu lassen. Auf dieser Linie liegt auch die jetzige Entscheidung des BGH.
Mit dem regelmäßigen Verweis auf den für Zeugen geltenden Stundensatz nach § 20 JVEG i.H.v. 3,50 Euro müsste der Auskunftspflichtige für das Erreichen der Beschwer des § 61 FamFG schon einen Zeitaufwand von jedenfalls 172 Stunden dartun. Auch an die Erforderlichkeit der Hinzuziehung einer Hilfsperson, regelmäßig des Steuerberaters, stellt die Rechtsprechung hohe Anforderungen. Dabei gehen die überwiegend tenorierten Verpflichtungen auch nur dahin, bestimmte Belege vorzulegen, hingegen erlegen sie dem Auskunftspflichtigen in der Regel keine – kostenpflichtigen – Handlungen auf, die erst noch durch eine Hilfsperson erfüllt werden müssen.
D. Auswirkungen für die Praxis
Rechtsmittel des Auskunftspflichtigen werden weiterhin nur ausnahmsweise die formelle Hürde des § 61 FamFG nehmen können. Dies wird nur möglich sein, wenn der Rechtsmittelführer sich die in der Rechtsprechung des BGH aufgeführten Ausnahmetatbestände nutzbar machen kann.
Anmerkung: Die gleichen Grundsätze dürften auch für die Bemessung des Streitwerts des Auskunftsanspruchs in erbrechtlichen Angelegenheiten gelten.
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