Nachfolgend ein Beitrag vom 15.3.2016 von Götsche, jurisPR-FamR 6/2016 Anm. 6

Leitsatz

Maßgeblich für die Beurteilung der Frage, ob ein Ausgleichswert geringfügig i.S.d. § 18 Abs. 2 VersAusglG ist, ist die Höhe des Ausgleichswertes vor Abzug der Teilungskosten.

A. Problemstellung

Bei der internen Teilung können die Versorgungsträger nach Maßgabe des § 13 VersAusglG ihre Kosten geltend machen und zur Hälfte vom Ausgleichswert abziehen. Hat die weitere Prüfung, ob ein Anrecht geringfügig i.S.d. § 18 VersAusglG ist, vor oder nach Abzug solcher Teilungskosten zu erfolgen?

B. Inhalt und Gegenstand der Entscheidung

Im Versorgungsausgleich hat die Antragstellerin in der Ehezeit (01.10.1977 bis 30.06.2003, § 3 Abs. 1 VersAusglG) u.a. in der Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes bei der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL) ein Anrecht erworben. Die VBL hat Kosten für die interne Teilung in Höhe von insgesamt 250 Euro geltend gemacht. Das Anrecht hat vor Abzug der hälftigen Teilungskosten einen Ausgleichswert als Barwert von 2.972,83 Euro; nach Abzug der hälftigen Teilungskosten von 125 Euro beträgt der Ausgleichswert 2.847,83 Euro. Die Geringfügigkeitsgrenze betrug im Jahr 2003 2.856 Euro.
Das Familiengericht hat den Versorgungsausgleich hinsichtlich des Anrechts der Antragstellerin aus der VBL nicht durchgeführt, da der Kapitalwert mit 2.847,83 Euro zu bestimmen sei, den Grenzwert des § 18 Abs. 2 VersAusglG nicht überschreite und daher ein Ausgleich wegen Geringfügigkeit nicht durchzuführen sei. Mit seiner Beschwerde macht der Antragsgegner geltend, der Versorgungsausgleich sei durchzuführen, weil das Anrecht der Antragstellerin bei der VBL nach seinem Kapitalwert die Geringwertigkeitsgrenze überschreite, wenn die Teilungskosten bei der Prüfung der Geringfügigkeit eines Anrechts nicht berücksichtigt würden.
Das OLG Dresden hat der Beschwerde stattgegeben und die Anrechte bei der VBL durch interne Teilung ausgeglichen. Maßgeblich für die Beurteilung der Frage, ob ein Ausgleichswert geringfügig i.S.d. § 18 Abs. 2 VersAusglG ist, sei die Höhe des Ausgleichswertes vor Abzug der Teilungskosten. Dies diene der Rechtsklarheit, denn nur ohne den vorherigen Abzug hänge die Bestimmung der Geringfügigkeit von feststehenden Umständen ab und sei nicht beeinflussbar durch die Wahl der externen Teilung oder durch die Variierung von Teilungskosten. Deshalb sei hier von 2.972,83 Euro und damit von einem Betrag auszugehen, der oberhalb der Geringfügigkeitsgrenze (von 2.856 Euro) liege.

C. Kontext der Entscheidung

Die Entscheidung folgt der mittlerweile überwiegend vertretenen Auffassung in der obergerichtlichen Rechtsprechung (vgl. OLG Frankfurt, Beschl. v. 14.01.2013 – 2 UF 333/12 – FamRZ 2013, 1804; OLG Bremen, Beschl. v. 08.09.2015 – 5 UF 71/15). Obgleich der die Teilungskosten regelnde § 13 VersAusglG dem § 18 VersAusglG systematisch vorgeht, dürfen bei der Beurteilung der Geringfügigkeit die Teilungskosten nicht berücksichtigt werden. Der in § 18 VersAusglG angeführte Ausgleichswert, der in § 1 VersAusglG näher bestimmt ist, ist systematisch als die „Hälfte des Wertes des jeweiligen Ehezeitanteils“ festgelegt und darf nicht als „tatsächlich auszugleichender Wert“ ausgelegt werden. Dies muss außerhalb des § 18 VersAusglG dann konsequenterweise auch für die Bestimmung sonstiger Wertgrenzen gelten, so insbesondere für eine externe Teilung in § 14 Abs. 2 Nr. 2 VersAusglG.

D. Auswirkungen für die Praxis

Geht es um die Einhaltung bestimmter Wertgrenzen, darf der Berater nicht allein auf den vom Versorgungsträger mitgeteilten Ausgleichswert blicken. Häufig hat nämlich der Versorgungsträger dabei bereits die hälftigen Teilungskosten abgezogen. Dann muss der mitgeteilte Ausgleichswert um die hälftigen Kosten „bereinigt“, d.h. entsprechend erhöht werden, bevor die Einhaltung von Wertgrenzen geprüft wird.