Nachfolgend ein Beitrag vom 21.6.2016 von Götsche, jurisPR-FamR 13/2016 Anm. 5

Leitsätze

1. Die Anfechtung einer erstinstanzlichen Entscheidung zum Versorgungsausgleich kann auf die Teilung eines oder mehrerer Versorgungsanrechte beschränkt werden, wenn nicht besondere Gründe die Einbeziehung sonstiger Anrechte zwingend erfordern (im Anschluss an Senatsbeschluss vom 26.01.2011 – XII ZB 504/10 – FamRZ 2011, 547).
2. Ficht ein beteiligter Versorgungsträger eine Entscheidung zum Versorgungsausgleich nur wegen einzelner Anrechte an, ohne dass eine wechselseitige Abhängigkeit die Einbeziehung weiterer Anrechte erfordert, haben die beteiligten Eheleute grundsätzlich die Möglichkeit, diejenigen Teile der erstinstanzlichen Entscheidung, auf die sich das Hauptrechtsmittel nicht bezieht, im Wege der Anschlussbeschwerde nach § 66 FamFG zur Überprüfung durch das Beschwerdegericht zu stellen; solange die Anschließung möglich ist, erwachsen die nicht angefochtenen Teile der Versorgungsausgleichsentscheidung nicht in Teilrechtskraft.
3. Ein Versorgungsträger kann sich der Beschwerde eines anderen Beteiligten wegen der bei ihm bestehenden Versorgungsanrechte nur dann anschließen, wenn er durch die Entscheidung über das Hauptrechtsmittel in einer eigenen Rechtsposition betroffen werden kann.

A. Problemstellung

Ein Beteiligter einer Versorgungsausgleichssache ist nur dann beschwerdebefugt, soweit ihn die Entscheidung in seiner Rechtsstellung beeinträchtigt, § 59 Abs. 1 FamFG. Dies gilt für die Eheleute wie gleichermaßen für die am Verfahren beteiligten Versorgungsträger. Unter welchen Voraussetzungen ist dann eine Anschlussbeschwerde zulässig?

B. Inhalt und Gegenstand der Entscheidung

Das Amtsgericht hatte mit Verbundbeschluss die Ehe der beteiligten Eheleute geschieden. Im Versorgungsausgleich wurden u.a. berufsständische Anrechte bei zwei Versorgungsträgern (Beteiligte zu 1. und 2.) intern geteilt. Die Beteiligte zu 1. hat Beschwerde eingelegt, weil die Rechtsgrundlagen ihres geteilten Anrechts nicht aufgeführt wurden. Nach Ablauf der Beschwerdefrist hat die Beteiligte zu 2. mit gleicher Begründung Anschlussbeschwerde eingelegt. Das Oberlandesgericht hat der Beschwerde der Beteiligten zu 1. stattgegeben und die Anschlussbeschwerde der Beteiligten zu 2. als unzulässig verworfen.
Der BGH hat die zugelassene Rechtsbeschwerde der Beteiligten zu 2. zurückgewiesen.
Zur Anschließung innerhalb des Verfahrensgegenstandes sei grundsätzlich jeder Beteiligte des Hauptrechtsmittels befugt, ohne dass für ihn eine Beschwer durch die angefochtene Entscheidung i.S.v. § 59 FamFG vorliegen müsse. Die Befugnis zur Anschließung sei aber davon abhängig, dass der Anschlussrechtsmittelführer durch die auf das Hauptrechtsmittel ergehende Entscheidung überhaupt in seiner eigenen Rechtsposition betroffen werden könne. Dagegen sei die Anschließung nicht zugunsten eines Versorgungsträgers zuzulassen, dessen Rechte durch die auf das Hauptrechtsmittel ergehende Entscheidung in keiner denkbaren Weise beeinträchtigt werden könnten (ebenso OLG Karlsruhe, Beschl. v. 27.05.2013 – 18 UF 378/12 – FamRZ 2014, 496; OLG Zweibrücken, Beschl. v. 24.01.2011 – 2 UF 43/10 – FamRZ 2011, 1226). Aus dem grundsätzlichen Anspruch des Versorgungsträgers auf einen gesetzmäßigen Ausgleich der bei ihm bestehenden Anrechte lasse sich nichts anderes herleiten (a.A. OLG Brandenburg, Beschl. v. 10.06.2014 – 10 UF 70/14 – FamRZ 2014, 1869, 1870; OLG Frankfurt, Beschl. v. 09.09.2014 – 6 UF 160/14 – NJW 2015, 565, 566; ähnlich OLG Celle, Beschl. v. 15.11.2010 – 10 UF 182/10 – FamRZ 2011, 720).

C. Kontext der Entscheidung

Eine Beschwerde gegen den Versorgungsausgleich kann auf einzelne Anrechte beschränkt werden (BGH, Beschl. v. 25.06.2014 – XII ZB 410/12 – FamRZ 2014, 1614), sofern keine wechselseitige Abhängigkeit die Einbeziehung anderer Anrechte gebietet. Mit der vorliegenden Entscheidung des BGH steht fest, dass die Anschließungsbefugnis gerade bei einer solchen beschränkt eingelegten Beschwerde davon abhängig ist, dass der Anschlussrechtsmittelführer durch die bereits eingelegte Beschwerde in eigenen Rechten betroffen werden kann. Dies ist bei den Ehegatten regelmäßig der Fall, wie der BGH hier ebenfalls betont (vgl. bereits OLG Stuttgart, Beschl. v. 30.12.2013 – 15 UF 306/13 – FamRZ 2014, 1047, 1050). Ehegatten sind also bei Einlegung einer Beschwerde gegen den Versorgungsausgleich stets anschlussbefugt, egal ob der andere Ehegatte oder ein Versorgungsträger Beschwerdeführer ist und ob die Beschwerde beschränkt oder umfassend (d.h. gegen den Versorgungsausgleich insgesamt) eingelegt wurde. Infolgedessen tritt auch keine Teilrechtskraft hinsichtlich der mit der Beschwerde zunächst nicht angegriffenen Teile der Entscheidung zum Versorgungsausgleich ein. Für Versorgungsträger gilt diese umfassende Befugnis dagegen nicht; sie können sich nur anschließen,
– wenn die Beschwerde umfassend eingelegt wurde,
– wenn sich die beschränkte Beschwerde gegen den (Nicht-)Ausgleich eines eigenen Anrechts des Versorgungsträgers richtet,
– wenn sich die beschränkte Beschwerde gegen ein Anrecht richtet, dass in wechselseitiger Abhängigkeit (z.B. nach § 18 VersAusglG oder nach § 27 VersAusglG) steht.

D. Auswirkungen für die Praxis

Für Versorgungsträger entscheidet sich die Frage der eigenen Anfechtung der Versorgungsausgleichsentscheidung regelmäßig mit dem Ablauf der Beschwerdefrist. Legt er selbst keine Beschwerde ein, wird er in vielen Fällen auch keine Möglichkeit der zulässigen Anschlussbeschwerde mehr besitzen. Die Position der Ehegatten ist insoweit deutlich komfortabler, weil sie praktisch uneingeschränkt anschlussbeschwerdebefugt sind.

E. Weitere Themenschwerpunkte der Entscheidung

Der BGH sieht auch die Voraussetzungen für eine Berichtigung nach § 42 FamFG nicht gegeben. Eine offensichtliche Unrichtigkeit liege nur vor, wenn sich zweifelsfrei feststellen lasse, dass der Ausspruch den tatsächlichen Entscheidungswillen des Gerichts unvollkommen wiedergebe (BGH, Beschl. v. 29.01.2014 – XII ZB 372/13 – FamRZ 2014, 653). Unterlasse das Gericht bei der internen Teilung die Benennung der Rechtsgrundlagen, komme die Berichtigung nur in Betracht, wenn sich aus den Gründen der Entscheidung ergebe, dass das Gericht die Versorgungsregelung in einer bestimmten Fassung bzw. mit bestimmtem Datum geprüft habe und seiner Entscheidung zugrunde legen wollte. Daran fehle es hier.